17. Stopp: Die Mongolei - Im Reich von Dschingis Khan

20. bis 28. Juli 2017

Direkt nach unserer Ankunft am Bahnhof fragen wir uns durch, wo wir Tickets für das Teilstück Ulan-Bator nach Moskau mit der Transsibirischen Eisenbahn kaufen können.

Und plötzlich läuft alles so viel einfacher, als in Peking! Nach kurzer Zeit halten wir vier Tickets in der Hand (die Tickets waren überraschenderweise so günstig, dass wir uns entschieden haben, in der zweiten Klasse ein Abteil - also vier Betten für uns zu kaufen, um für die Fahrt, die 5 Tage dauern wird, ein wenig Privatsphäre zu haben). Damit (und mit den ein zwei anderen von den Russen geforderten Dokumenten) geht es am nächsten Tag zur russischen Botschaft in Ulan-Bator. Und plötzlich fragen wir uns, warum wir überhaupt versucht haben, alles in Peking zu organisieren. Auch das Visum ist hier günstiger und ohne große Probleme wird unser Pass entgegen genommen. Wir können ihn nächste Woche mit unserem Visum für Russland bei der Botschaft abholen und jetzt unsere Zeit in der Mongolei genießen!

Unsere Zeit in Ulan-Bator

Auch wenn wir nicht viel Zeit in der Mongolei verbracht haben, hat sie uns überwältigt. So wurde die Mongolei definitiv zu einem unserer absoluten Highlights. Ulan-Bator selbst ist jedoch aus unserer Sicht kein Highlight aber trotzdem Sehenswert. Es hat einen sozialistischen Charme, wie der Osten Deutschlands kurz nach der Wende und hat uns in vielerlei Hinsicht überrascht. So fühlen wir uns nach einem Jahr Reise beim Besuch eines normalen Supermarktes wie im Paradies: die Regale sind gefüllt mit deutschen Produkten! Wir können es nicht fassen - damit hatten wir hier absolut nicht gerechnet. Und die Preise sind nur minimal höher als in Deutschland.

Abends befragen wir dann erst einmal das Internet, was die Gründe hierfür sind und erfahren interessante Dinge über Deutschland und die Mongolei. So war die DDR so etwas wie die Patentante der Mongolei. Viele Mongolen gingen damals nach Deutschland um zu studieren oder eine Ausbildung zu machen. Somit gibt es immer noch einige Mongolen, die deutsch sprechen (offenbar liegt die Mongolei mit 42000 Mongolen mit Deutschkenntnissen in Relation zur Gesamtbevölkerung unter den Top 5 der deutschsprachigen Ländern der Welt).

 

Eine nette Geschichte zu dieser Freundschaft ereignete sich zum 20. Jahrestag der DDR. Als Geschenk sendete die Mongolei 1000 Schafe mit der Transsibirischen Eisenbahn auf den Weg nach Deutschland. Als der Zug neun Wochen später die polnische Grenze erreichte, kam es auf Grund falscher Frachtpapiere zu Problemen: in diesen waren 1000 Schafe angegeben - doch nun waren es 1038.

 

Ein weiterer Grund für die vielen deutschen Produkte im Supermarkt ist, dass die Mongolei so gut wie alles importieren muss - es gibt offenbar keinerlei Produktion oder Fabriken für solche Nahrungsmittel, wie Hipp-Babynahrung, Bonbons, Schokolade oder Apfelmus.

 

Und trotzdem boomt die Mongolei. In Ulan-Bator finden wir Dior und Versace, tolle Restaurants mit exquisiter Küche und viele Menschen - vor allem die Frauen - die dauerhaft so aussehen, als wären sie auf dem Weg zu einem wichtigen Geschäftsessen oder zu einer Hochzeit eingeladen.

 

Es wird prophezeit, dass sich die Mongolei in zehn bis zwanzig Jahren verändert haben wird. Australische Investoren sind bereits in der Wüste Gobi. Was die Mongolei neben Kohle und Kaschmirprodukten nämlich vor allem hat, sind die auf dem Weltmarkt begehrten Erze, wie Kupfer und Gold. 

4 Tage in der Zentralmongolei

In diesen Tagen außerhalb Ulan-Bators haben wir so einzigartige Erfahrungen gemacht, wie sonst fast nirgends.

Wir lernen das Nomadenleben kennen, indem wir selbst 3 Nächte in verschiedenen Gers (mongolisches Wort für Jurten) mit minimalstem Standard schlafen, reiten auf Kamelen und fahren mit unserem 70 jährigen Fahrer Natsag und unserem Guide - der Lehrerin Shuree - übers Land - und damit meine ich wirklich übers Land, denn in der Mongolei gibt es nicht viele Straßen und noch weniger Brücken. So lächelt Natsag in einem unserer Gespräche nur, als wir erzählen, dass man in Deutschland für eine Strecke von 200 Kilometern grob zwei Stunden einplant. Hier benötigen wir für 150 Kilometer fast den ganzen Tag - vor allem wenn man dann auch noch, wie am vorletzten Tag, stecken bleibt.

Zudem besichtigen wir neben der ehemaligen Hauptstadt Dschingis Khans (Kharakhorum) auch landschaftliche Highlights, wie den höchsten Wasserfall der Mongolei, einen See sowie eine Erdspalte. Wobei genaugenommen ist es in der Mongolei schwer von landschaftlichen Highlights zu sprechen, da die ganze Mongolei ein landschaftliches Highlight für sich ist!

 

Durch Natsag, der sein Leben lang als Fahrer arbeitete und Nomadenfamilien beim Umsiedeln mit seinem Auto unterstützte, besuchen wir zudem spontan eine Familie, die er mitten im Nirgendwo entdeckt und das Lenkrad rumreißt, nicht zum ersten Mal mitten durch die Viehherde fährt und zielstrebig in das Ger der Familie läuft. Eine der insgesamt 6 Bewohner dieses Gers (Großeltern, Sohn, Tochter + Mann + deren Tochter) deutet uns, ihm zu folgen. Wir sind froh um Shuree, die neben uns als Einzige Englisch spricht und uns somit noch schnell gewisse Verhaltensregeln nahe legt.

Alles was uns gegeben wird, sollen wir annehmen, sonst würden wir die Gastgeber kränken. Aufessen oder leer trinken müssen wir jedoch nicht. Puh! Um diesen Regelzusatz sind wir in der kommenden halben Stunde mehrfach froh. Armin und ich nehmen also auf einem der beiden Betten in der Jurte Platz und werden von nun an interessiert beobachtet.

Das Willkommensritual beginnt noch recht harmlos mit einem Riechfläschchen des Großvaters, der eindeutig die Rolle des Familienoberhauptes hat. Dieses wird von ihm an Natsag übergeben, der davon etwas schnupft und es dann an uns weiter gibt. Wir tuen es ihm gleich, sind froh, dass der Geruch fast identisch ist mit Wick Vaporub und übergeben das Fläschchen Shuree, die es dem Gastgeber lobend zurück gibt.

Als nächstes werden uns Schalen mit Tee übergeben, der für uns zwar einen ungewohnten aber nicht schlechten Geschmack hat. Als es dann aber zum Essen übergeht, merken wir, wie fremd wir hier sind. Als Vorspeise sollen wir uns etwas von einem Teller nehmen, das für uns absolut undefinierbar ist. Auch die Nachfrage bei Shuree hilft uns nicht weiter, da wir das englische Wort, das sie für die Speise verwendet, noch nie gehört haben. Also versuchen wir das kleinste Stück auf dem Teller zu finden und probieren vorsichtig das, was ein bisschen aussieht wie ein in Scheiben geschnittener Camembert, der vertrocknet ist und die Farbe ins gräuliche verändert hat. Da das "Gericht" komplett hart und somit schwer zu kauen ist, braucht es ein bisschen, bis ich erkenne, dass es noch schlimmer schmeckt, wie es aussieht. Auch Armin sehe ich an, dass er Probleme damit hat, das zu schlucken, was er bereits im Mund hat. Möglichst unauffällig lassen wir nach und nach Stückchen des Essens in unseren Hosentaschen verschwinden um die Gastgeber auf keinen Fall zu kränken.

In der Zwischenzeit hat die Großmutter direkt neben dem Dunghaufen, der zum Befeuern des Ofens in der Mitte der Jurte verwendet wird, den Hauptgang zubereitet: Eine Art Nudelsuppe mit Trockenfleisch, das mit einer Schere zuvor von der Tochter verkleinert wurde. Dankend nehmen wir die randvollen Suppenschalen entgegen und beginnen tapfer zu Essen. Dass uns alle beobachten, da nur wir vier Gäste Essen bekommen, macht die Situation nicht einfacher. Tapfer esse ich so viele Nudeln aus der Suppe, wie ich kann und habe ein schlechtes Gewissen, dass ich den Rest stehen lasse. Die Menschen, die uns hier so freundlich und offen in Empfang nehmen, sollen auf keinen Fall denken, dass wir uns für etwas besseres halten, auch wenn wir zu Hause eindeutig in anderen Verhältnissen leben.

Nach dem Essen wird dann der selbst gebraute "Milch-Wodka" herumgereicht (also zwischen dem Hausherrn und uns Vieren), den ich zwar brav entgegen nehme, aber nur an der kleinen Schale nippe. Armin ist hier wiederum besser als bei der Suppe und leert unter Anfeuerung das Schälchen tatsächlich zwei Runden in Folge komplett.

 

Auch wenn wir damit wunderbare Erlebnisse und Erfahrungen aus der Zentralmongolei mit nehmen, sind wir froh, als wir wieder in Ulan-Bator ankommen und, für uns alltäglich Dinge, wie eine Toilette oder eine Dusche zur Verfügung stehen. Vor dem Nomadenleben und deren Gastfreundschaft haben wir großen Respekt - vor allem, wenn wir uns vorstellen, dass es in der Mongolei im Winter bis zu -40 Grad Celcius hat!

Was haben wir alles während unseres kurzen Aufenthalts sonst über dieses faszinierende Land - die Mongolei - erfahren?

 

Von der Mongolei hatten wir vor allem das Bild im Kopf als das Reich Dschingis Khans (1167 - 1227), als ein Land voller Wildpferde und dem Land der Nomaden. Und unser Bild wurde bestätigt. Dschingis Khan wurde in der Mongolei zum Mann des Jahrtausends gewählt und ist ein Volksheld. Kein Wunder - immerhin hatte er das größte Reich der Geschichte der Menschheit unter sich (von Schlesien nach Korea sowie von Indien nach Nordrussland)! So ist "Dschingis Khan" auch kein Name, sondern ein Titel, der bedeutet: Herrscher der Welt.

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Mit 1,5 Millionen Quadratkilometern ist die Mongolei fünf Mal so groß wie Deutschland, hat aber nur etwa 3 Millionen Einwohner, von denen 25`% noch immer als Nomaden leben.

 

Die Mongolei ist geprägt durch extreme Wetterschwankungen. Gerade ist dort Sommer und es herrschen angenehme Temperaturen von um die 25 Grad. Im Winter hingegen kann es wie oben erwähnt bis zu -40 Grad kalt werden. Kein Wunder, dass die wenigen Straßen außerhalb Ulan-Bators von Schlaglöchern und Rissen übersät sind.

 

Zudem hat die Mongolei eine spezielle Rolle, da sie als Land mit einer parlamentarischen Demokratie zwischen den Weltmächten Russland und China liegt. Die Mongolen sind sich dieser Rolle durchaus bewusst und abends erzählt uns ein Mongole in UB (so nennen die Mongolen mittlerweile ihre Hauptstadt), dass er sich zu den Chinesen wie auch zu den Russen lieber gut stellt, denn man wisse ja nie, wer als erstes seine Soldaten schicken würde.

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Kommentare: 1
  • #1

    Sabine (Donnerstag, 03 August 2017 21:59)

    Meine Lieben,
    ich möchte mich für die wunderschönen Berichte und Bilder bedanken. Eigentlich müsstet ihr die Reise jetzt in der umgekehrten Richtung nochmals machen und überall dort, wo ihr noch einen weissen Fleck auf dieser Welt seht, vorbeischauen.
    Trotzdem freuen wir uns auf Euch und hoffen, dass Ihr uns die Welt in unser ach so behütetes Leben bringt. Kommt gesund hier wieder an, wir warten schon.
    Liebe Grüße Mama von Armin