28. Mai 2017

12. Stopp: Kambodscha

Ein Land, in das wir gerne wiederkommen!

Kampot und Otres Beach (Sihanoukville)

Nach überstandenem Grenzübertritt hieß unser erstes Ziel "Kampot" - eine Kleinstadt mit 50.000 Einwohnern im Süden Kambodschas.

Schon am ersten Abend stellten wir fest: Kambodscha gefällt uns! Warum? 

In Vietnam war gefühlt alles einen Tick schneller, lauter, chaotischer und hektischer. In Kampot hingegen herrscht eine unerwartete Ruhe. Beim ersten Abendessen fällt es uns auf - wir hören kaum eine Hupe und auch das Geräusch der tausend Motorräder fehlt hier! Es ist kaum etwas los auf der Straße! Auch das erste Essen in Kambodscha begeistert uns! Doch in den kommenden Tagen stellen wir fest: Die Restaurants scheinen sich gegenseitig zu übertreffen und man findet hier für jeden Geschmack das Richtige. Es gibt Restaurants mit authentischer Khmer-Küche, vegetarische Restaurants, kleine kreative Eiscremehersteller, feine französische Küche und am Otres Beach sogar ein italienische Strandrestaurant mit Pizzaofen!

Bei einem gemütlichen Spaziergang durch Kampot fällt uns auf, dass hier offenbar Wert auf Sauberkeit gelegt wird - so gibt es Mülleimer - und die werden sogar benutzt!  Beim "Durch-die-Stadt-schlendern" fragen die Tuktuk-Fahrer ruhig und ohne aufdringlich zu sein, ob man ein Tuktuk benötigt ("Tuktuk?") und das meist mit einem Lächeln, das hier plötzlich jeder im Gesicht zu haben scheint. Die Atmosphäre ist einfach so, dass man sich wohlfühlen muss!

 

Wir fühlen uns in Kambodscha als Gast sofort willkommen!

Auf der Fahrt von Kampot zum Otres Beach (bei Sihanoukville) haben wir dann erfahren, was andere Reisende meinten, als sie von den Straßen in Kambodscha sprachen und warum es immer wieder heißt, dass Reisen in Kambodscha in der Regenzeit Zeit kosten kann oder sogar unmöglich werden kann. Wir fuhren Strecken, die kaum den Namen "Straße" verdienen. Und auch "Otres Beach" besteht eher aus zwei Häuserreihen (hier im Gegensatz zu Kampot jetzt wieder eher nur Hotels und Shops) in dessen Mitte dunkelrote Erde als Straße verwendet wird.

Hier entspannten wir die kommenden Tage in unserem tollen Hotel mit Pool (für gerade mal 28 Euro die Nacht für uns Beide mit Frühstück!) und planten, was wir bei unserem ersten Aufenthalt in Kambodscha bereisen würden.

Phnom Penh - eine Reise zur Geschichte Kambodschas

Manche Touristen kommen alleine wegen den Ruinen von Angkor Wat (bei Siem Reap) nach Kambodscha. Auch wenn die glorreiche Zeit von Angkor mit dessen Prinzen und Königen ein wichtiger Teil der Geschichte Kambodschas ist, prägten vor allem jüngere Ereignisse der Geschichte die heutige Gesellschaft Kambodschas, deren Durchschnittsalter 21 Jahre beträgt. Zum einen war Kambodscha von 1863 bis 1941 französisches Protektoriat, was heißt, dass Frankreich die Landesverteidigung übertragen wurde, um sowohl Thailand wie Vietnam an weiteren Einmärschen zu hindern und bereits verlorene Gebiete zurückzuerlangen. Vor diesem Hintergrund versteht man, warum man viele französische Kolonialbauten, gutes Baguette und zahlreiche französische Restaurants sowie sogar manch französisch sprechenden Kambodschaner hier findet.

 

Die darauffolgende Zeit der Unabhängigkeit war instabil. Zudem geriet Kambodscha immer wieder zwischen die Fronten. Insbesondere der Abwurf von hunderttausenden Bomben über Kambodscha seitens der Amerikaner, die damit die Vietcong und dessen Nachschubwege schwächen wollten, führte zu Widerstandsbewegungen in ländlichen Gebieten gegen den König und dessen Untätigkeit. Die Guerilla-Bewegung der Roten Khmer unter der Führung Pol Pots - auch genannt "Bruder Nr. 1" - erhielt mehr und mehr Zuspruch.

 

Mit dem Einmarsch der Widerstandskämpfer der Roten Khmer in der Hauptstadt Phnom Penh am 17. April 1975 begann eine Schreckensherrschaft, die zwischen 2 und 3 Millionen Kambodschanern das Leben kosten sollte. Fast ein Viertel der kambodschanischen Bevölkerung wurde in den folgenden 3 Jahren 8 Monaten und 20 Tagen umgebracht, vollzog Selbstmord oder starb an Hunger sowie Erschöpfung. Pol Pots Ziel war eine Erneuerung Kambodschas. Kambodscha sollte die alte Stärke und den alten Glanz der Zeit Angkors zurückerlangen. Hierfür musste aus seiner Sicht alles auf die Stunde "Null" zurückgesetzt werden. Alles Moderne verteufelte er. Kambodscha sollte in den Agrarkommunismus zurückgeführt werden.

Seine Herrschaft begann mit der Vertreibung aller Bewohner Phnom Penhs und der anderen Städte aufs Land, wo sie von nun an als Bauern zu arbeiten hatten. Schulen, Krankenhäuser, Fabriken und Vergnügungseinrichtungen wurden geschlossen, Maschinen und Fahrzeuge vernichtet. Jegliche Bildung, die religiöse Kultur sowie die Elite des Landes sollte vernichtet werden, um neu beginnen zu können. Mönche, Lehrer und alle Gegner des Regimes, wurden verfolgt, eingesperrt, gefoltert und hingerichtet. Es reichte bereits aus, Brillenträger zu sein, um verfolgt und hingerichtet zu werden. Diese galten für die Khmer Rouge als Intellektuelle, was ihr Todesurteil bedeutete. Zudem wurde die vollständige Familie des Opfers getötet, da für die Roten Khmer der Leitsatz galt, dass man einen Baum nur Fällen könne, wenn man all seine Wurzeln beseitigt.

 

Einer der Orte, an dem man der Geschichte Kambodschas in Phnom Penh sehr nahe kommt ist "Tuol Sleng" - das frühere Foltergefängnis der Roten Khmer, das sie in einer ehemaligen Schule, nach deren Schließung, errichteten. Heute steht es als "Genozidmuseum S-21" Besuchern offen und der Einblick, den man bekommt ist zutiefst bewegend. Per Audiotour erhält man nicht nur interessante Informationen sondern hört auch Originalaufnahmen des grausamen Leiters "Duch" sowie Inhaftierter oder von deren Hinterbliebenen.

 

Man sieht die Folterzellen fast genau in dem Zustand, in dem sie damals die vietnamesischen Befreier vorgefunden hatten. Fotografien und Gemälde Überlebender ergänzen den bedrückenden Gesamteindruck. 

 

Viele Gefangene starben direkt hier. Die anderen nur wenige Kilometer außerhalb von Phom Penh auf einem der sogenannten "Killing Fields". Hier wurden die Gefangenen, die ein "Geständnis" über ihre Verbindungen zum CIA abgelegt hatten, um die Folter zu beenden, nachts mit Lastwagen hingefahren. Ihnen wurde versprochen, dass sie nun in neue Häuser ziehen könnten. Stattdessen erwartete sie der Tod. Perfider Weise nicht durch Erschießen, da den Roten Khmer die Kugeln zu teuer waren. Erst Jahre später entdeckte ein Kartoffelbauer durch Zufall, was sich unter der Erde des Ackers tatsächlich befand und auch heute noch befindet. Es sind so viele Leichen, dass die Kambodschaner irgendwann beschlossen, die restlichen Gebeine aus den Massengräbern nicht zu bergen. In der Regenzeit kommen diese - sowie Kleidungsstücke - nach wie vor an die Erdoberfläche. Der wohl traurigste Ort auf dem Killing Field ist ein Baum, an dem die Roten Khmer die Babys erschlugen, indem sie sie an den Füßen hielten und sie gegen den Stamm schlugen.

 

Wir sind froh, diesen ´Teil der Geschichte Kambodschas gesehen zu haben und ohne diese Erfahrung scheint uns ein Aufenthalt in diesem Land unvollständig. Lange wurde dieses Thema totgeschwiegen oder falsch interpretiert. So hat selbst die Regierung Genscher-Kohl die Regierung der Roten Khmer als legitim anerkannt. Erst 2007 wurde das Verfahren gegen weniger als eine Hand voll der obersten Parteimitglieder der Roten Khmer eingeleitet. Pol Pot hat dies nicht mehr miterlebt. Er starb 1998 und wurde somit nie für seine Verbrechen gegen die Menschlichkeit belangt.

Battambang

Um auch das Leben der Landbevölkerung kennen zu lernen, fuhren wir nach Battambang. Viele Touristen halten hier entweder gar nicht oder nur für eine Nacht - als Zwischenstopp auf der Strecke Phnom Penh und Siem Reap. Sie Stadt selbst ist nicht spektakulär, doch die Tour mit dem kambodschanischen Tuktuk-Fahrer Bun in die ländliche Gegend um Battambang war einfach nur toll und ansonsten gibt es wieder genügend Möglichkeiten, um gut zu essen und sich nett zu unterhalten!

Im Laufe unserer Tour lernten wir viel zu den Bräuchen, Denkweisen und Gewohnheiten der Bevölkerung, indem Bun uns direkt zu den Menschen auf dem Land brachte, uns viel erzählte und bei Gesprächen übersetzte.

So beispielsweise bei der 72jährigen Zigarettenhändlerin, deren Familie eigentlich froh wäre, wenn sie langsam aufhören würde zu arbeiten - sie jedoch einfach nicht will. So dreht sie Tag für Tag lediglich unter Zuhilfenahme einer von ihrem Mann selbst gebauten Maschine hunderte Zigaretten, um diese anschließend zu verkaufen. Sie erzählt, dass sie erst, nachdem sie sechs Söhne zur Welt gebracht hat, die Hoffnung auf die gewünschte Tochter aufgegeben hätte. Eine Tochter sei in Kambodscha wichtig, denn diese sei für die Pflege und Altersvorsorge der Eltern zuständig.

Prinzipiell scheinen die Männer auf dem Land nicht wirklich viel zu arbeiten. Bei den meisten Stopps - selbst an der illegalen Tankstelle - liegen die Männer gemütlich in der Hängematte während die Frauen (oder auch die Kinder) arbeiten.

Bun fährt uns an diesem Tag noch zu einer "Sticky-Rice"-Herstellerin (Art Milchreis mit Bohnen in einem Bambusrohr), deren Produkt in ganz Kambodscha einen guten Ruf zu haben scheint. Manche Kambodschaner kämen bei ihrem Besuch in Battambang seit Jahren zu ihr. Des Weiteren besuchen wir eine Reisnudelfabrik, in der die Nudeln fast wie Spätzle hergestellt werden sowie zu einer Familie, die Bananen als Zwischensnack trocknet. Alles dürfen wir natürlich probieren! Lediglich auf dem stark riechenden Fischmarkt, fragt Bun schon erst gar nicht nach. Auch für ihn scheint klar zu sein, dass weder der in der Sonne zum trocknen liegende Fisch noch der Käse, der aus fermentiertem Fisch hergestellt wird, unseren Geschmack treffen könnten. Die Verkäuferin am Eck bietet uns dann an, von ihren Spezialitäten zu probieren: frittierte Frösche und Ratten. Freundlich lehnen wir ihr Angebot ab! Trotzdem interessiert mich, wie man die Frösche hier ist. Erst versteht Bun meine Frage nicht, so dass ich präzisieren muss: "Isst man alles an dem Frosch - auch die Knochen?" Die Antwort überrascht mich dann auch nicht mehr groß: "Yes - it's like Chips! Crunchy!" - "Und den Kopf?" - "Yes, for sure - also the head!" antwortet er leicht irritiert. Für ihn scheinen meine Fragen so komisch zu sein, wie für mich das Essen des Frosches mit Kopf und Knochen.

Neben ein paar Stopps an Tempeln und Ruinen, bringt Bun uns auch zum Bambuszug. Auch wenn dieser heute fast nur noch von Touristen benutzt wird, haben wir es nicht bereut und werden vielleicht zu den letzten gehören, die damit noch fahren konnten, da dieser im Laufe der Modernisierung in scheinbar zwei Monaten dem Zugverkehr weichen muss. Bis vor wenigen Jahren, war der Bambuszug das wichtigste Transportmittel für die Menschen der Region und wir sind froh, die Erfahrung mitnehmen zu können. 

Auch die kleine Reifenpanne am Ende unserer Tour ändert nichts daran, dass wir einen tollen Tag erleben durften!

Siem Reap und Angkor Wat

Selbstverständlich stand nun auch bei uns noch der Besuch von Angkor Wat an, den man von der Stadt Siem Reap aus mit Tuktuk-Fahrern, Fahrrad oder Motorrad erreichen kann. Wie ich vor Ort fest stellen musste, wusste ich bislang scheinbar gar nichts über Angkor Wat. Denn als ich die Tourangebote mit Landkarten in unserem Hostel sah, erkannte ich, dass Angkor Wat nur einen kleinen Teil des Angkorreiches darstellt. So gibt es neben dem wohl berühmtesten "Angkor Wat" noch "Angkor Thom" - die frühere Hauptstadt des Angkor Reiches, indem eine Millionen Menschen lebten, mit seinem "Bayon"-Tempel, den unzählige riesige Gesichter zieren. Die Tempelanlage "Ta Phrom" ist vor allem durch den Film "Tomb Raider" bekannt geworden, da Angelina Jolie als Lara Croft hier eine Szene gedreht hat. Daneben gibt es noch unzählige kleinere Tempel.

Also entschieden wir uns nach unserem ersten Besuchstag, eine Dokumentation im Internet über die Tempel von Angkor zu suchen und anzuschauen. Am nächsten Tag stellten wir am frühen Morgen in den Tempeln fest, dass die Besichtigung der Tempel mit dem neu erlangten Wissen nochmal viel spannender als am Vortag war. So ließ der damalige König Angkors "Angor Wat" als spätere Ruhestätte bauen - weshalb die Anlage auch unbedingt bis zu seinem Tod fertig gestellt werden sollte. An manchen Stellen sieht man, das dies nicht ganz gelang und manche Reliefs nur angezeichnet sind. Angkor Wat sollte der Himmel auf Erden werden. In den Reliefs ließ der König deshalb alles festhalten, was er für sein Leben nach dem Tod für Wichtig erachtete: Priester,seine Armee sowie hunderte Tänzerinnen. Alleine mit dem Betrachten der Relief in Angkor Wat kann man Stunden verbringen. Da es jedoch um die Mittagszeit im Mai hier unerträglich heiß wird und zudem oder trotzdem (?) immer mehr Reisebusse mit Chinesen an Bord die Brücke nach Angkor Wat erreichten, brachen wir zum nächsten Tempel auf - "Ta Phrom". Dieser unterscheidet sich vollständig von Angkor Wat und uns hat er fast besser gefallen. Hier ist bislang weniger restauriert und die Bäume überwuchern viele der Gebäudeteile. Es bieten sich unglaublich viele Fotomotive, so dass die Auswahl mal wieder schwer fiel.  

Viele Kambodschaner baten uns darum, unseren Freunden in "Germany" zu sagen, dass sie in Kambodscha auch willkommen seien und es hier schön sei. Darum hätten sie uns nicht bitten müssen, denn auch so hätten wir von der überaus großen Gastfreundschaft der Kambodschaner sowie dem interessanten und schönen Land Kambodscha berichtet!

Wir haben in der Sonne entspannt, haben sehr lecker gegessen, sind interessanten Menschen begegnet, hatten bewegende Momente sowie historische Einblicke in eine andere Kultur. Kambodscha bietet so viel mehr als nur Angkor Wat - wir fanden eine tolle Mischung aus Strand, Geschichte, Kultur, Menschen sowie gutem Essen.

In Kambodscha fühlten wir uns oft mittendrin und nicht wie in Vietnam lediglich als Beobachter, der nur durch einen Tourguide (wie beim Mekong-Ausflug) die Chance hat einen Blick auf das echte Leben zu erhalten. In Kambodscha hält der Cafébesitzer beim Bedienen sein Baby auf dem Arm, Kinder in Schuluniformen schlendern an uns vorbei, in einem Café fragt uns eine kambodschanische IT-Studentin, ob sie sich zu uns setzen darf und im Restaurant "About the world" in Battambang sitzen wir - nachdem wir erst mit seinem Sohn und dessen Spiderman- und Batman-Figuren gespielt haben - am Ende mit dem kambodschanischen Besitzer am Tisch und unterhalten uns bei einem Bier.

 

Wir hoffen, dass Kambodscha sich seinen Charme und seine Freundlichkeit bewahren kann und sich für den Tourismus nicht zu stark verändert! Gerne kommen wir wieder!

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